EDITORIAL 2024
Nahrung ist ein Gemeingut
Sprechen Sie über Ernährung und Sie werden sehen, jeder wird seinen Senf dazugeben! Es gibt Dogmatiker aller Richtungen, Besserwisser, Kalorienzähler und Diätfanatiker. Kurz gesagt gibt es viele Standpunkte, die mehr spalten, als rund um Genuss und Freude zu vereinen.
Seit 24 Jahren bringt die Genusswoche mit mehreren tausend Veranstaltungen in der ganzen Schweiz Menschen zusammen und möchte den September zum populären Monat der Ernährung machen. Mit zwei Zielen: der Küche ihren verdienten Platz zurückzugeben und Nahrung als Menschenrecht zu etablieren.
Kochen ist viel zu wertvoll, um es der Lebensmittelindustrie zu überlassen. Täglich in der Küche zu walten, weit weg vom Stress und Lärm des Alltags, sind Gesten für Freunde und die Familie: in ihnen steckt ein Stück Traum. Bevor sie lernen, eine Computertastatur zu bedienen, sollten Kinder die kulinarische Selbständigkeit erwerben!
Mit fast 800’000 armen Menschen in der Schweiz und 500’000 knapp über der Armutsgrenze stellt sich die Frage der Chancengleich- heit bezüglich Ernährung. Für viele ist Essen zu einer Anpassungsvariable am Monatsende geworden. Es ist schön, fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag zu empfehlen, aber wäre es nicht konkreter, sie von der Mehrwertsteuer zu befreien? In ganz Europa gibt es Reflexionen, uns Konsumenten Rechte und mehr Gleichheit zu geben. Diese Ideen zielen darauf ab, Lebensmittel zu einem geschützten Gemeingut zu machen, in Solidarität mit den lokalen Lebensmittelproduzenten.
Das wichtigste kulinarische Ereig- nis erwartet Sie in der ganzen Schweiz. Nehmen Sie sich Zeit für Begegnungen und Sie werden sehen, wie es dem Geist gut tut.
Josef Zisyadis
Direktor Fondation pour la promotion du Goût